Streifensaat - Forst und Technik

Der Landesbetrieb Forst Brandenburg erprobt seit zwei Jahren die Waldverjüngung per Freisaat. Zusammen mit der Firma Pfanzelt Maschinenbau hat der Maschinenhof Doberlug-Kirchhain dafür eine kombinierte Saat-Streifenfräse entwickelt, die mit der Forstraupe Moritz Fr 50 eingesetzt wird. Wir haben den Einsatz dieses Gespannes in einem Kiefernwald beobachtet, den im Vorjahr die Kiefernbuschhornblattwespe kahlgefressen hat.

Die Waldbesitzer verjüngen ihre Wälder überwiegend durch Naturverjüngung und Pflanzung. Es gibt dafür bewährte Verfahren, mit denen sich in der Regel alle waldbaulichen Ziele erreichen lassen. Deutschlandweit ist seit einigen Jahren jedoch auch die Freisaat wieder ein Thema. Sie verspricht nicht nur geringere Kosten als die Pflanzung, sondern bietet auch weitere Vorteile. In erster Line ist hierbei die natürliche Wurzelentwicklung zu nennen. Unterschnittene Pfahlwurzeln oder deformierte Wurzelfüße wie man sie von Baumschuloder Containerpflanzen kennt, sind bei der Saat ebenso wie bei der Naturverjüngung nicht zu erwarten. Die im Vergleich zur Pflanzung höheren Stückzahlen pro Hektar dürften zudem auch die spätere Holzqualität der Bäume positiv beeinflussen.

Es gibt jedoch auch ein Problem, denn das Wissen über geeignete Arbeitsverfahren ist in der Vergangenheit ein Stück weit verloren gegangen. Um gesicherte Erkenntnisse zu sammeln, wird daher überall kräftig experimentiert. Wald und Holz NRW testet unter anderem die manuelle Plätzesaat der Tanne. In Bayern und anderswo bringen spezialisierte Unternehmer die Saat mit Pferden aus. Einige haben dafür sogar spezielle Zuggeräte entwickelt, zum Beispiel einen Streifenpflug mit einer integrierten Sävorrichtung. In Niedersachsen läuft ein wissenschaftlich begleiteter Versuch, bei dem auf Freiflächen große Traktoren mit Streifenfräsen oder mit Scheibenpflügen und komplizierten Sävorrichtunen eingesetzt werden. Selbst die althergebrachte Flaschensaat ist hier und dort noch gebräuchlich.

 

Tannensaat in Brandenburg

Auch der Landesbetrieb Fost Brandenburg (LFB) hat die Freisaat wieder entdeckt. Wie Torsten Rakel, der Leiter des landeseigenen Maschinenhofs in Doberlug-­Kirchhain, berichtet, fing das vor zwei Jahren mit einer kleineren Menge Tannen-Saatgut an, die – weil vorhanden – natürlich in den Boden gebracht werden sollte. Aber wie sollte das geschehen? Es gibt schließlich auch im norddeutschen Bundesland leider kaum noch Erfahrungen mit der Saat. 2017 legte Rakel daher probeweise in der Landeswaldoberförsterei Doberlug einige Saatflächen an. Seine Mitarbeiter setzten dabei einen Kleintraktor ein, der die Bestände mit der Streifenfräse AHWI KSH 700 und mit einem Waldstreifenpflug vorbereitet hat. Maschinenführer Frank Födisch und seine Werkstattkollegen haben auf diese Geräte eine aus der Landwirtschaft stammenden Dippelmaschine aufgebaut, um gleichzeitig die Samen ausbringen zu können. Außerdem testete Rakel einen Harvester. Dieser legte von der Rückegasse aus mit Hilfe eines Stahlrechens plätzeweise den Mineralboden frei. Aus einem angebrachten Behälter fielen dabei die Samen in die vorbereiteten Flächen. Etwa 7 bis 8 ha hat der LFB mit diesen Verfahren mit der Tanne verjüngt. Dazu kamen etwa 5 ha, auf denen zusätzlich auch Traubeneiche gesät wurde. Der Schwerpunkt der Säversuche lag also von Anfang an auf kombinierten Verfahren mit einmaliger Befahrung.
Wie die erste Auswertung der Versuche ergab, lieferten alle drei Verfahren brauchbare Ergebnisse. Die Saat ist so gut aufgelaufen, dass Rakel vorsichtig optimisch gestimmt ist. Allerdings war er mit der beschriebenen Technik noch nicht zufrieden. Besonders die Arbeit mit dem Kleintraktor ist für den Fahrer so belastend, dass dieses Verfahren zur Bodenbearbeitung nicht wirklich in Frage kommt.
Wäre dann nicht die Pferdesaat – wie sie in anderswo mit einigem Erfolg praktiziert wird – eine gute Alternative? Für Rakel eher nicht, denn erstens gibt es in Brandenburg kaum Pferdebetriebe, die diese Dienstleistung anbieten. Und selbst wenn es mehr gäbe: größere Flächen könnte sie wohl nicht bewältigen, schon weil sie aus Gründen des Tierwohls regelmäßig Erholungspausen einlegen müssen.
Da traf es sich gut, dass der Landesbetrieb in dieser Zeit zusammen mit der Firma Pfanzelt Maschinenbau die Forstraupe Moritz Fr50 entwickelte – und für eine Waldarbeiterrotte in der Landeswaldoberförsterei Steinförde angeschafft hat. Als der Allgäuer Hersteller die Raupe Mitte 2017 mit Zapfwelle und Dreipunktgestänge auf den Markt brachte, war es nur noch ein kleiner Schritt, auch ein Anbaugerät für die Saat zu entwickeln.

 

Anbaugerät für den Moritz
Den Prototyp dieses Gerätes lieferte Pfanzelt Anfang dieses Jahres aus: eine kleine Streifenfräse, in die ein Saatgutbehälter mit einer Ausbringungsvorrichtung integriert ist. Um das 280 kg schwere Gerät an die Moritz-Forstraupe anzubauen, entfernt der Bediener zunächst die Seilwinde und montiert einen Oberlenker. Dann schließt er die Zapfwelle für den Antrieb der Frässcheibe an und steckt das Stromkabel ein, mit dem das Särad angetrieben wird. Die Frässcheibe ist etwa 5 cm dick und trägt Werkzeuge wie man sie von Stockfräsen her kennt. Mit ihm legt der funkferngesteuerte Moritz schmale, 10 bis 15 cm tiefe Frässtreifen an, in denen der Auflagehumus mit der obersten Schicht des Mineralbodens vermischt wird. In dieses Substrat fallen über ein Särohr und einen Trichter die Samen aus dem Saatgutbehälter und werden abschließend von nachlaufenden Ketten leicht in den Boden eingearbeitet bzw. überdeckt. Das ganze Anbaugerät ist beweglich gelagert und weicht Hindernissen und Unebenheiten während der Fahrt seitlich und in der Höhe aus. Es ist 75 cm breit, 150 cm lang und 106 cm hoch.
Kernelement der Säeinrichtung ist das elektrisch angetriebene Särad, das unten im Vorratsbehälter sitzt. Es ist eine Kunststoffwalze, die je nach Saatgut unterschiedliche Vertiefungen aufweist, die bei der Rotation durch den Saatvorrat eine gewisse Menge an Samen mitnimmt und in das Särohr leitet. Die Gestaltung und Größe dieser Öffnungen ist ein Faktor für die Dosierung der Saat, ein anderer ist die Umdrehungsgeschwindigkeit der Walze, die sich über ein Potentiometer an der heckmontierten Steuerung stufenlos verstellen lässt.
Im Frühjahr 2018 hat der LFB mit dem Gerät mehrere Hektar Bucheckern und Kiefernsamen ausgebracht. Dazu kamen einige Flächen für die Eichensaat. Bei der Kiefernsaat legt der Betrieb alle zwei Meter einen Frässtreifen an und sät darauf etwa 130 Samen pro Laufmeter.

 

Die polnische Sämaschine
Die Frässtreifen sind aus Sicht von Rakel für die Verjüngung der meisten Kiefernbestände eine gute Wahl, weil sie ein gleichmäßiges Substrat schaffen und den Auflagehumus mit dem Mineralboden vermischen. Au­ ßerdem hält sich die Bodenfeuchte in ihnen besser als in Pflugstreifen, wie man sie mit dem Waldpflug anlegt. Trotzdem testet der Landesbetrieb auch ein Sägerät, das eben mit einem solchen Waldpflug kombiniert ist. Besonders auf Flächen, die mit Waldreitgras (Calamagrostis) verunkrautet sind, könnte der Waldpflug Vorteile haben, weil er die Grasdecke mitsamt der lästigen Ausläufer beseitigt und die Samen in der vegetationsfreien Pflugsohle zunächst bessere Anwuchs-Chancen haben.
Das Gerät ist nach Meinung von Torsten Rakel eine gut durchdachte Entwicklung der Polnischen Staatsforsten, die in einem staatseigenen Technikbetrieb auch selbst produziert wird. Da der Umbau von einem Anbaugerät auf das andere innerhalb von zwanzig Minuten erledigt ist, könnte man die Geräte in den Verjüngungsbeständen je nach Bodenvegetation kleinräumig wechseln.
Mit beiden Sägeräten steht der Landesbetrieb noch am Anfang der Erprobungen. Welche Verfahren sich je nach Baumart und Bestandesverhältnissen am besten eignen, steht noch nicht fest. Sicher aber ist schon jetzt, dass mit dem Moritz ein kostengünstiges Trägergerät zur Verfü­ gung steht, das bodenschonend eingesetzt werden kann. Auch für Forstunternehmer, die schon einen Moritz oder eine ähnliche Rückeraupe in der Holzernte einsetzen, dürfte die Saat eine interessant Dienstleistung sein, weil sie ihre Maschine damit besser auslasten können.

Oliver Gabriel

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