Wenn an eine neue Produktionsanlage bauen will, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Welche man ergreift, das hängt von vielen Faktoren ab. Manchmal ist es die beste Lösung, auf der grünen Wiese ganz neu anzufangen; dann steht nach Fertigstellung ein in allen Belangen durchdachtes und modernes Werk da. Die meisten Firmen aber wachsen organisch und erweitern ihre Produktionsgebäude im Laufe der Jahrzehnte lieber Stück für Stück. Das Allgäuer Unternehmen Pfanzelt Maschinenbau ist dafür ein gutes Beispiel.
Als der Firmengründer Paul Pfanzelt sie 1991 am Auersberg in Rettenbach gründete, fing er in einer kleinen Werkstatt an. 1995 baute er das erste Betriebsgebäude mit Büros und einer Produktionshalle. Der im alpenländischen Baustil errichte Firmensitz war bis 2020 auch der Haupteingang des Unternehmens, doch gab es im Laufe der Jahre mehrere kleine Erweiterungen. 2003 kam der letzte größere Neubau hinzu, mit dem die Produktionsfläche auf knapp 15.000 m² anstieg.
Der wichtigste Grund für die mittlerweile zehn Umbauten in 34 Jahren war die gestiegene Nachfrage nach den Maschinen und Geräten des Unternehmens. Dazu zählen bekanntlich Seilwinden, Rückeanhänger und Ladekrane, aber auch Forstmaschinen wie die Forstraupe Moritz mit Anbaugeräten, der Kombischlepper Felix, der Pm-Trac und seine Abwandlung für den Kommunaleinsatz, der K-Trac.
Wer aber mehr produziert, stellt auch mehr Arbeitskräfte ein und so ist es bei florierender Wirtschaft unausweichlich, dass die Produktion schon bald wieder aus allen Nähten platzt. Die Lagerung der Teile benötigt Platz, die Mitarbeiter brauchen Platz und eine effizient organisierte Produktion ebenfalls. Darum stand 2022, keine zehn Jahre nach der letzten großen Erweiterung schon wieder ein Neubau an. Bei einer Investitionssumme von rund 16 Mio. € sollte es die größte in der Geschichte des Allgäuer Forsttechnikspezialisten werden – eine, mit der Pfanzelt Maschinenbau seine Produktionskapazität um ein Drittel erhöht.
Die neue Produktionshalle
Entstanden sind in den letzten drei Jahren zwei beeindruckende Gebäude. Am nördlichen Ende des Firmengeländes hat Pfanzelt eine 100 m lange, zweigeschossige Produktionshalle gebaut. Sie steht quer zu den zwei älteren Hallen und ist außen vollständig mit Lärchenholz verkleidet. Sogar die Zwischenwände bestehen aus Holz, was bei der Bauzulassung einige Schwierigkeiten bereitet hat. Im Untergeschoss verrichten Blechbearbeitungsmaschinen ihre Dienste, und es gibt eine Werkstatt, in der bei unserem Besuch gerade ein neuer Felix auf die letzten Handgriffe wartete. Aber auch der Wareneingang und Sozialräume für die Mitarbeiter sind dort untergebracht.
Das Obergeschoss war im Februar noch nicht ganz fertig. Pfanzelt stellt dort vor allem Komponenten für die Maschinen her. Das Platzangebot ist großzügig bemessen. Zum Beispiel entstehen dort Kabelbäume, die Kabinen und Vorderachsen für den Pm-Trac, aber auch diverse Blech- und Stahlteile für die weitere Produktion.
Was man in der neuen Halle nicht wirklich sieht, ist das automatische Hochregallager. Das ist umso erstaunlicher, als dass es 18 m hoch ist und mit 730 m² gleich doppelt so groß ist, wie das schon vorhandene Automatiklager, das der Produktion schon vor sechs Jahren Schwung verlieh. Es ist so unscheinbar, weil die neue Halle der Länge nach geteilt ist und das neue Lager die Arbeitsplätze und Maschinen nur über mehrere große Tore versorgt.
Steht etwa die Produktion eines bestimmten Kranelements an, gibt der Produktionsleiter die Spezifikationen in ein Terminal ein und das Lager sammelt alle nötigen Teile automatisiert ein und übergibt sie auf einer großen blauen Palette am Tor der Produktionsmannschaft. Von dort rollen sie dann direkt zur richtigen Maschine bzw. Montagestation. Fertige Bauteile wandern später wiederum zurück ins Lager.
Der Showroom
Produktionstechnisch ist das gerade beschriebene Gebäude der Höhepunkt der Erweiterung. Für die Außenwirkung der Firma wird aber das zweite Gebäude die größere Rolle spielen. Wer von der Hauptstraße abbiegt und auf das Pfanzelt-Werk zufährt, dem fällt es – rechter Hand am Hang aufragend – sofort ins Auge. Ihre drei, von einem schmalen Arkadengang umschlossenen Fensterfronten, sind schon jetzt ein Wahrzeichen der Firma Pfanzelt. Wenn das Gebäude mit seiner Grundfläche von 25 x 25 m Endes dieses Jahres fertig sein wird, kann das Unternehmen im 7 m hohen Erdgeschoss nicht nur seine Produktpalette zeigen. Auf einer Galerie im Zwischengeschoss planen Paul Pfanzelt und Marketingchef Peter Voderholzer auch eine kleine Ausstellung zur Geschichte des Unternehmens. Unter der Galerie wird sich der Empfang der Firma befinden, dazu das Catering sowie ein kleiner Fanshop. Die Werkstatt im hinteren Gebäudeteil ist dafür eingeplant, Maschinen an die Kunden überzugeben.
Auf dem Erdgeschoss thront ein zurückgesetztes Obergeschoss, es ist sozusagen die Chefetage mit Panoramablick bis in die Alpen. Dazu kommt ein Schulungsraum. Insgesamt hat Pfanzelt das alles mit viel Glas, aber auch mit viel Holz umgesetzt.
Die Verlagerung der Produktion ist die neue Halle hat das Unternehmen genutzt, um die Fertigung in den alten Hallen umzugestalten. Für den Pm-Trac stehen jetzt großzügige Vormontage- sowie Endmontageplätze zur Verfügung. Und in der jetzigen Vorführhalle wird sich Paul Pfanzelt wieder eine Versuchs- und Projektwerkstatt einrichten, die er in den letzten Jahren schmerzlich vermisst hat.
Hohe Tiefenfertigung
Beim Rundgang durch die Firma taucht noch der Gedanke auf, dass es nicht nur an der gestiegenen Nachfrage liegen könnte, warum es im Betrieb vor der Investition so eng geworden war. Könnte es auch etwas mit der hohen Tiefenfertigung von Pfanzelt Maschinenbau zu tun haben? Sie macht sich schon rein optisch bemerkbar, wenn man an der beeindruckenden Zahl an Laserschneidern, Abkantmaschinen, Schweißrobotern und Bearbeitungszentren vorbeiläuft. Bezogen auf eine konkrete Maschine wie den Pm-Trac, nimmt dieser Gedanke weiter Form an. Früher hat Pfanzelt viele Komponenten zugekauft: etwa das Chassis und das stufenlose Getriebe, aber auch die Kabine und die Achsen. Heute fertigt das Unternehmen die Maschine fast komplett im eigenen Haus. Nur Motoren, Gussteile und diverse Kleinteile kauft das Unternehmen noch zu. Das stufenlose Getriebe variaDrive, die Achsen, die Kabine, der Rahmen oder die Hydraulikzylinder produziert Pfanzelt aber selbst.
Ins Unternehmen investiert
Für die nächsten Jahre hat sich Pfanzelt Maschinenbau mit den Neubauten ohne Zweifel gut aufgestellt. Wie Paul Pfanzelt sagt, waren die letzten Jahre in wirtschaftlicher Hinsicht sehr gut für das Unternehmen. Mit der Erweiterung hat er die Gewinne in das eigene Unternehmen investiert. Die nächsten Jahre dürften jedoch schwieriger werden, vermutet Pfanzelt, zumal die Produktionskosten steigen und der Markt für Seilwinden und Rückeanhänger gesättigt erscheint. Um diese Entwicklung auszugleichen, hat Pfanzelt jetzt die Produktion effizienter aufgestellt. Zudem ist die Produktpalette so vielfältig, dass eine schwächelnde Nachfrage in einem Segment durch die steigende Nachfrage im anderen aufgefangen wird. Durch die hohe Tiefenfertigung kann das Unternehmen nicht zuletzt schnell und flexibel auf veränderte Marktbedürfnisse reagieren. Beispiele dafür sind wiederum der Pm-Trac, aber auch der Geräteträger Moritz, die heute einen guten Teil zum Umsatz beitragen.
Ob Pfanzelt weiter organisch wachsen wird? Vorläufig sicher nicht. Aber wer weiß, was in zehn oder 20 Jahren ist. Vielleicht steht dann sogar eine Investition auf der grünen Wiese an. Die Firma Kugelmann Maschinenbau macht das in Rettenbach mit einem großen Neubau gerade vor. Und bei ihr hat Paul Pfanzelt schließlich als junger Mann sein Handwerk gelernt.
Oliver Gabriel