Forst und Technik - Schnell geschaltet

Mit HSM und Pfanzelt haben gleich zwei renommierte Hersteller in jüngster Zeit neue Antriebstechnologien für ihre Forstspezialschlepper auf den Markt gebracht. von einem Getriebe im herkömmlichen Sinne kann man dabei zum Teil fast nicht mehr sprechen. Ein Überblick über die technischen Innovationen.

Gerade beim Lastentransport im Gelände ist der entscheidende Punkt eine möglichst effiziente Umsetzung der Zugkraft in der Fahrbewegung. Was nützt dabei der stärkste Antrieb, wenn uns der Schwung beim Schalten in den nächsthöheren Gang wieder verloren geht? Ähnlich wie moderne Automatik- und Doppelkupplungsgetriebe bei Straßenfahrzeugen zielen alle aktuellen Entwicklungen, die im Folgenden geschildert werden sollen, auf eien kontinuierliche Zugkraftübertragung ohne Unterbrechung ab. Genauer gesagt kombinieren alle die Mechanik und die Hydrostatik so intelligent und/oder schalten so schnell, dass ein stufenloses Fahrgefühl entsteht.

Der Zusammenhang zwischen Zugkraft und Fahrgeschwindigkeit lässt sich leicht verstehen, wenn wir uns noch einmal kurz die Entwicklung der Forstantriebe mit Abb. 2 vergegenwärtigen: Einfache Schaltgetriebe (blaue Linie) mit Lastunterbrechung kennen wir heute eigentlich nur noch von Oldtimern. Lastschaltgetriebe (ohne Lastunterbrechung, schwarz Linie) sind vielen noch durch ihre Schaltstöße in Erinnerung. Das Ziel der Ingenieure ist ganz klar die rote Linie mit ihrer homogenen Leistungsentfaltung.

 

Der Klassiker

Standard bei Forstmaschinen ist seit einiger Zeit der hydrostatische Fahrantrieb mit einer Fahrpumpe, einem Fahrmotor und starrer Gelenkwellenverbindung zwischen Vorder- und Hinterachse (Abb. 4). Weil diese Hydraulikomponenten jedoch grundsätzlich nur bestimmte Drehzahlen übertragen können, ist eine weitere mechanische Übersetzung nötig. Dazwischen sitzt deswegen ein mechanishes Vorgelege, das im Stillstand beschaltet wird.

Angefahren wird hydrostatisch, das heißt, auch bei kleiner Motordrehzahl kann man die maximale Zugkraft erreichen (siehe blaue Linie in Abb. 3). Für die Transportfahrt hält man kurz an, schaltet mechanisch in den 2. Gang, und ab geht es auf die Straße (rote Linie in Abb. 3). Wo diese Antriebsform ausreicht, ist sie an Einfachheit und Robustheit nicht zu übertreffen.

 

hydra2POWER

Das neue "hydra2POWER" genannte Antriebssystem des Forstspezialschleppers Felix von Pfanzelt arbeitet rein hydrostatisch. Man verzichtet sowohl auf die CVT-Technologie als auch auf ein mechanisches Schaltgetriebe. Pfanzelt wählt einen ganz anderen Weg, auch in Bezug auf die gesamte Antriebsauslegung. Die Krenkomponten sind zwei Hydraulikmotoren von Sauber-Bibus, mit Weitwinkel-Technologie (Abb. 8). Diese Weitwinkel-Motoren haben einen Verstellwinkel von 0-45°. Dadurch ist im Zusammenspiel mit entsprechden Verstellpumpen ein so hoher Geschwindigkeitsbereich möglich, dass auf ein mechanisches Schaltgetriebe ganz verzichtet werden konnte. Die zulässigen Drehzahlen sind vom aktuellen Verstellwinkel abhängig. Die Motoren können also bei Schnellfahrt mit kleinem Verstellwinkel höher drehen als bei langsamer Lastfahrt mit großem Verstellwinkel. Pfanzelt gbit für den neuen Felix eien Höchstgeschwindigkeit von 39 km/h an.

Die Konzeption des Fahrantriebs ist unkonventionell: Pfanzelt arbeitet mit zwei Fahrantrieben, einem für die Vorderachse und einem für die Hinterachse. Jeder Antrieb hat einen geschlossenen Hydraulikkreis mit eigener Pumpe und eigenem Fahrmotor. Durch diese Auslegung ergeben sich viele neue Möglichkeiten: Im Normalbetrieb arbeiten Vorder- und Hinterachse so, als wären sie mit einer klassischen Gelenkwelle starr gekoppelt. Durch einfaches hydraulisches Verbinden der beiden Hydraulikkreise erhält man aber sozusagen ein Längsdifferenziall. Dadurch bleibt - im Gegensatz zu einer Achsabschaltung - der Allradantrieb voll erhalten. Es entfallen trotzdem alle Verspannungen zwishcen Vorder- und Hinterachse, wie sie sonst bei Kurvenfahrt mit langen Radstand vor allem bei der Fahrt auf Asphalt auftreten. Kein Zwangsschlupf und kein Schieben in den Kurven mehr.

Es gibt zwei stufenlose Fahrprogramme, die mti dem Fahrpedal gesteuert werden. Im Forst wird man Fahrprogramm I wählen. Das entspricht einem Geschwindigkeitsbereich von 0 - 25 km/h. Die Ansteuerung von Dieselmotor, Schwenkwinkel der Hydraulikmotoren udn Fördervolumen der Fahrpumpen übernimmt dabei die Software. Auf der Straße oder bei längeren Rückedistanzen erreicht man im zweiten Fahrprogramm 39 km/h. Nur bei Fahrzeugstillstand, wenn die Parkbremse aktiv ist, kann man mit dem Gaspedal direkt die Dieseldrehzahl steuern.

Marketingleiter Voderholzer meint: "Ein so neues Antriebssystem kann man nicht auf einer Ausstellung erfassen, dazu muss man es im Einsatz sehen." Die erste öffentliche Vorführung fand am 27. April in Brandenburg statt.

 

Ausblick

Alle geschilderten Antriebssysteme haben ihre Chancen als Antriebsttechnik am Markt. Es ist zu erwaten, dass weitere Hersteller ihr Forstfahrzeuge mit sufenlosen Antrieben nach einem der hier geschilderten Prinzipien ausrüsten werden. Allein bei NAF laufen derzeit gleich zwei Entwicklungen mit stufenlosen Zweimotorenantrieben. Ein Getroebe ist derzeit in der Praxiserprobung in einem Forwarder und soll in Kürze auf der Elmia Wood vorgestellt werden.

 

Johannes Sebulke

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