KOMMUNALtopinform - Rettenbach am Auerberg

Es ist Idylle pur. Die Höfe sehen aus, wie man sie sich nun einmal im Voralpenland vorstellt mit bunter und üppiger Blumenpracht in allen Blumenkästen vor den Fenstern, mit hölzernen Balkonen und gepflegten Fassaden. Die Landschaft ist

hügelig und malerisch. Es gibt Kühe und Ziegen, und im Hintergrund sieht man den 967 Meter hohen Hausberg Weichberg mit seiner Kippelhöhe und natürlich den Auerberg. Der Maibaum steht stolz in der Mitte des Dorfs, und Schloss Neuschwanstein ist auch nur 32 Kilometer Bundesstraße entfernt. Schöner kann das Allgäu eigentlich nicht sein. Und doch erkennt man schon aus der Ferne einen deutlichen Unterschied zu anderen Dörfern: Auf sehr vielen Dächern prangen Solaranlagen!

Rettenbach hat nämlich etwas geschafft, von dem andere Gemeinden noch träumen: Es ist ein ökologisches und autarkes Öko-Dorf. Die 850 Einwohner produzieren mit  Solaranlagen und einem kommunalen Blockheizkraftwerk ihre eigene Energie. Das Blockheizkraftwerk versorgt den Kindergarten und das Gemeinschaftshaus mit Strom und Wärme, der gesamte überschüssige Strom aus dem Kraftwerk und den Photovoltaikanlagen der Häuser und auf einigen Feldern geht in das Stromnetz. Rettenbach am Auerberg nennt sich deshalb zurecht das „Solardorf Bayerns“.
Aber hier hört der ökologische Gedanke nicht auf. Die Einwohner kaufen im örtlichen Supermarkt hauptsächlich Lebensmittel, die sie selbst oder benachbarte Bauernhöfe anbauen und produzieren. Denn die Transportwege sollen so kurz wie möglich gehalten werden.
Der ökologische Gedanke und die Liebe zur Natur ist überall spürbar und begeistert Öko-Freunde so sehr, dass bereits überregionale Medien über Rettenbach berichteten. Immer mehr Wanderer und Interessenten besuchen das Dorf. Angst vor Überalterung und Abwanderung müssen die 850 Rettenbacher deshalb nicht haben. Das Interesse an Rettenbach ist inzwischen so groß, dass ab 2019 auf neuen Baugrundstücken sogar der Bau neuer Einfamilienhäuser möglich ist. Bereits im Herbst 2018 ist ein Mehrfamilienhaus fertig. Alle sechs neuen Wohnungen in diesem Haus waren bereits im Frühjahr 2018 verkauft! Rettenbach wird also wachsen.

Was glücklich macht: ökologisch denkende Unternehmer, eine ökolische SB-Tankstelle – und ein eigener Taler!
Um Arbeitsplätze müssen sich die Rettenbacher ebenfalls keine Sorgen machen. Ein Gewerbepark ist in der Planung, und für Leute, die weiter weg arbeiten, gibt es einen kommunalen Pendlerparkplatz. Außerdem hat das kleine Rettenbach einige größere Arbeitgeber, darunter das Holzunternehmen Oberland Holzhaus GmbH, die Pfanzelt Maschinenbau GmbH und das Maschinenbauunternehmen Kugelmann, das Winterstreugeräte und Rasenpflegemaschinen produziert. Kugelmanns Rasenpflegemaschinen sind bekannt und kommen sogar in wichtigen UEFA-Fußballspielen zum Einsatz. Berühmt wurde Kugelmann 2006, als die Kugelmann-Geräte bei der Fußball-WM in Deutschland beim deutschen Sommermärchen für perfekte Rasen in den Stadien sorgten.
Auch bei den ortsansässigen Unternehmen wird Ökologie groß geschrieben. Auf den Dächern der Produktionshallen von Kugelmann und Pfanzelt strahlen die Solaranlagen, bei Kugelmann sind zudem alle Maschinen mit schadstofffreien Farben lackiert, und bei Oberland Holzhaus kommen natürlich nur nachwachsende Rohstoffe zum Einsatz.
Darüber hinaus steht in Rettenbach beim Wertstoffhof die deutschlandweit erste SB-Tankstelle für reines Pflanzenöl.
Das Dorf hat außerdem seine eigene Währung: Den Weichbergtaler. Ein Taler hat den Wert von fünf Euro. Jeder kann damit in allen Geschäften in Rettenbach bezahlen. Die Taler erinnern rein optisch an den Euro und sind beliebte und hübsche Sammlerstücke, aber auch sehr praktisch. Denn sie sorgen dafür, dass Geldgeschenke im Ort umgesetzt werden und nicht irgendwo anders. Diese Idee hat übrigens bereits bundesweit Schule gemacht. In insgesamt 46 Regionen kommen inzwischen lokale Währungen zum Einsatz. Diese lokalen Geldscheine oder Taler entsprechen Gutscheinen und kurbeln vor allem den Lokalhandel an.

 

Ingrid Raagaard

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