Forst & Technik - Befahrungsversuche mit Kleinraupen

Das Forschungsinstitut für Bergbaufolge­landschaften in Finsterwalde und der Landesbetrieb Forst Brandenburg haben untersucht, wie sich der Einsatz der Multifunktionsraupe Moritz Fr50 auf den Boden eines sensiblen Nassstandorts auswirkt.

Ihr Ergebnis: Die Forstraupe hinterlässt nicht mehr Spuren als ein Rückepferd.

Ob Walderneuerung, seilunterstütze  Holzernte oder Sonderaufgaben: multifunktionale Forstraupen sind im Kommen. Sie ergänzen den Einsatzbereich von Arbeitspferden und schließen Verfahrenslücken zur Schleppertechnik. Aber die meisten Anwen­dungen erfordern eine flächige Befahrung, abseits von Rückegassen - im Spannungsfeld zwischen Bodenschutz, zeitgemäßer Arbeitssicherheit, Na­turschutzanspruch und effektiver Waldbewirt­schaftung. 
Nicht nur für den Kleinwaldbesitz lohnen sich flexibel einsetzbare Maschinen, sei es als günstige Anschaffung oder zur Miete. Auch große Forstbetriebe schätzen mittlerweile ihre Vor­teile. Schon heute sind über 30 Kleinraupen­typen am Markt verfügbar, und der Entwick­lungsfortschritt ist rasant. 

 

Befahrungsversuche

Bei allen Vorteilen hinkt jedoch die Folgenab­schätzung bezogen auf den Boden hinterher, was der Akzeptanz entgegensteht. Herstelleranga­ben, Faustzahlen oder abstrakte Simulationen zur Spannungsfortpflanzung reichen für die Bewer­tung nicht aus und spiegeln kaum die komplexe Geländesituation wider. 
Hier können Praxisversuche unter schwieri­gen Bedingungen eine weitere Orientierung sein: Kommt es in standörtlichen Grenzbereichen zu keinen Befahrungsschäden, erscheint das Risiko auf weniger empfindlichen Substraten und bei günstiger Witterung unbedenklich. 
Die Version Moritz Fr50 der Firma Pfanzelt Maschinenbau steht hier stellvertretend für seine leistungsstärkeren Folgemodelle Fr70 und Fr 75, aber auch andere Forstraupen mit ähn­lichem Kontaktflächendruck. Es werden drei ty­pische Anwendungsbeispiele in Hinblick auf ihre Bodenwirkung betrachtet.

 

Standort und Bestockung

Die Versuchsfläche „Loben" ist ein grundwasser­beeinflusster, wenig tragfahiger mineralischer Nassstandort im südlichen Brandenburg. Der kartierte Humusgley besteht im Oberboden (0-30 cm) vor allem aus Lehmsanden. Eingemischte Torfreste weisen auf eine frühere, nicht untypische Bodenbearbeitung bei der Moorkulti­vierung hin. Im ungestörten Unterboden wechseln sich gesteinsarme Lehmsande mit tonigen Sanden und Reinsanden ab. 
Eine Befahrung von Rückegassen ist auf die­sem Standort nur eingeschränkt möglich: im Som­mer, bei Halblast oder nur mit Traktionsbändern (Befahrbarkeitsklasse T3). Allein im Land Brandenburg sind rund 60 800 ha Holzboden­fläche nicht bzw. nur stark eingeschränkt befahr­bar (Befahrbarkeitsklassen T3 -T5). 
Der Maschineneinsatz erfolgt im Spätwinter 2020/2021 bei einem Bodenwassergehalt von 17-19 Vol.-%. Aufgrund der niederschlagsarmen Vorjahre ist der Grundwasserstand abgesunken. Nach Zusatzbewässerung im Frühjahr 2021 wer­den weitere Befahrungsversuche durchgeführt, jetzt bei voller Sättigung des Mineralbodens (31-35 Vol.-%), aber mit fast gleichem Ergebnis.

 

Versuchs- und Messprogramm

Für die Abbildung von Befahrungseinflüssen im Wald empfehlen sich verschiedene Messverfah­ren, neben Standardmethoden der angewandten Bodenkunde genauso moderne, bildgebende Tech­niken: 

  • Nahbereichsphotogrammetrie: Das leistungsfahige Bildmesssystem dokumentiert die Oberflächenverformung nach jeder Überfahrt und dank Drohnenvermessung über große Distanzen, hier versuchsweise 20 m. Detailangaben zur Me­thodik finden sich bei.
  • Bodenkundliche Diagnostik: Vor und nach Be­fahrung erfolgt an mehreren Messpunkten eine Er­fassung der gesättigten Wasserleitfähigkeit (in-situ), des Eindringwiderstandes und der Scherfestigkeit. Anhand von 100-cm³ -Stechringen werden Mate­rialeigenschaften bzw. Funktionszustände in hoher räumlicher Auflösung bestimmt: Trockenrohdichte, Porosität/ Porengrößenverteilung mit den daraus abgeleiteten Luft- und Wasserhaushaltsgrößen nach Tiefenstufen.

 

Oberflächenverformung

Aussagefähig sind die mittlere Bruttospurtiefe und Bodenniveau-Veränderungen der Fahr­spuren. Durch den sektionsweisen Vergleich von befahrener und unbeeinflusster Bodenoberfläche ermöglichen diese Kenngrößen auch die Beurtei­lung eines heterogenen Oberflächenreliefs. Da­nach bewegen sich die bemessene Oberflächen­veränderung zwischen Millimetern bis wenigen Zentimetern. So hinterlassen alle Tech­nik-Varianten einen geringen, auf den ersten Blick kaum wahrnehmbaren „Fußabdruck". 

  • Die mittlere Bodenniveau-Änderung ist für die Differenzierung von Varianten besser geeignet, da die Ausgangssituation der Bodenoberfläche in die Berechnung mit einfließt. 
  • Erwartungsgemäß verursacht Befahrung über­wiegend Bodenabsenkungen. Die Fahrspur­ausprägung korrespondiert hier mit der Zahl an Überfahrten.
  • Bei keiner Technik-Variante wird eine mittlere Bodenniveau-Änderung von über 25 mm über­schritten, selbst nach zehn Überfahrten an glei­cher Stelle.
  • Die Oberflächenverformung beim Pferdeeinsatz ist punktuell (Trittsiegel) wesentlich größer, be­dingt durch den höheren Kontaktflächendruck des Rückepferdes gegenüber der Forstraupe, im Mittel 0,72 vs. 0,24 kg/cm²

Am befahrungssensiblen Standort können in Summe und über alle Varianten keine beson­ders auffälligen Veränderungen der Geländeober­fläche dokumentiert werden. Die nachweisbare Verformung betrifft nur die organische Auflage. Der Mineralboden bleibt formstabil - selbst nach häufiger Belastung, etwa entlang eines bevorzug­ten Pfades. 

 

Bodenphysikalische Werte

Selbst eine mehrmalige Befahrung mit der Forst­raupe an gleicher Stelle verändert den Funktions­zustand des oberen Mineralbodens nicht oder nur unwesentlich. Abweichende Bodeneigenschaf­ten in den beprobten Bodenprofilen sind zufalls­bedingt. So treten in der unteren Tiefenstufe nach Befahrung leicht erhöhte Trockenrohdichten auf, was wie bei den anderen Prüfgliedern mit kleinstandörtlichen Unterschieden zusammen­hängt. 

  • Nach fünf Überfahrten ohne Last (Fr50-LEER) und mit Schutzschirm (Fr50-SCHUTZ) lässt sich in den oberen 20 cm Profiltiefe keine Verdich­tung nachweisen. Gleiches gilt für die Sä-Variante (Fr50-SAE).
  • Selbst bei zehn Lastfahrten mit angehängtem Stamm (Fr50-STAMM) entsprechen die Trocken­rohdichten und anderen Kenngrößen dem Aus­gangszustand.
  • Die aufgenommenen Bodenparameter nach Pferdeeinsatz (ROSS-STAMM) sind mit denen der Technikvarianten vergleichbar.

Im Regelfall werden die für das Feinwurzel­wachstum von Waldbaumarten häufig genann­ten Schwellenwerte unter- bzw. überschritten, weder zur Luftkapazität (< 6 VoL-%) noch Trockenrohdichte (> 1,70 g cm-3). Dabei korres­pondieren die bodenphysikalischen Kennwerte mit den Oberflächenmessungen. Es ist anzuneh­men, dass eine elastische Humusauflage nach Last­einwirkung wieder in ihren ursprünglichen Zu­stand zurückkehren kann. 

 

Forstliche Kleintechnik

Nicht nur in der breiten Öffentlichkeit werden Großmaschinen trotz aller technologischen Ent­wicklungen zur Schonung des Gassensystems zunehmend hinterfragt. Herkömmliche Be­wirtschaftungsverfahren verlieren neben der ge­sellschaftlichen Akzeptanz auch Eignung und Wirtschaftlichkeit. Gleichzeitig gibt es viele Argu­mente für Rückepferde im Wald. Aber trotz Förderprogrammen, Erlassen oder Richt­linien nimmt ihre Zahl ab. Allgemeiner Kosten­druck, Anforderungen des Arbeitsschutzes und immer weniger Arbeitskräfte für motormanuelle Tätigkeiten fordern hier ihren Tribut. 

  • Unter ökologischen Vorzeichen stehen jetzt alle Arbeitsverfahren auf dem Prüfstand. Auch die ,,Waldprämie" des Bundes fordert größere Gassenabstände von mindestens 30 m bei der Neuanlage. Es ist anzunehmen, dass sich viele Anforderungen bei der Waldpflege und Walderneuerung kaum mehr ohne kleine Forstraupen bewältigen lassen, die Vorliefern und seilunterstütztes Arbeiten im Wald ermöglichen. 
  • Damit schließt die forstliche Kleintechnik be­stehende und neue Verfahrenslücken, speziell bei frühen Durchforstungsmaßnahmen in Misch­beständen aus Naturverjüngung und Sukzession. In anderen Anwendungsfällen ist sie eine brauch­bare Alternative, etwa zur Direktsaat.
  • In ihrem jeweiligen Arbeitsfeld leisten kleine Forstraupen einen substanziellen Beitrag zum Boden- und Arbeitsschutz, unabhängig davon, ob Wälder zertifiziert sind oder nicht - und zwar ge­rade dann, wenn bisher eine ungeregelte Befah­rung mit veralteten Maschinen erfolgt.

 

Plädoyer für Pragmatismus

 Befahrungssituationen im Wald hängen von zahl­reichen Einflussfaktoren ab: Witterung, Relief, Bodenzustand, Bestockung und einwirkende Kräfte. Es ist kaum möglich allgemein gültige Schadensschwellen anzugeben. Ein star­res Gassensystem mit rigorosem Technikverbot außerhalb der Feinerschließung ist gut begründ­bar und leicht zu fordern. Es entspricht dem vor­sorgenden Bodenschutz, kommt aber auch an Grenzen, insbesondere bei der Walderneuerung. Denn nicht immer lassen sich Befahrungs- und Produktionsflächen strikt trennen. So erfolgt bei der vollmechanisierten Direktsaat oder Pflanzung eine flächig-streifenweise, wenngleich zumeist nur einmalige Befahrung, und wird dann allgemein akzeptiert.

An den großen waldbaulichen Aufgaben soll­ten sich auch die Zertifizierungsstandards messen lassen, erscheinen sie doch in puncto zeitgemäßer Kleintechnik als zu kategorisch. Vielmehr sind pragmatische Regeln gefragt: Hier müssen Wald­besitzende künftig in der Lage sein, angepasste Bodenschutzkonzepte umzusetzen, welche regio­nale Standortverhältnisse und geeignete Verfahren berücksichtigen. Was spricht gegen kleine Forst­raupen, wenn doch die Beeinflussung des Bodens derer von Arbeitspferden gleicht, selbst auf einem so empfindlichen Nassstandort im Winter? Noch fehlen aber weitere Befahrungsserien in anderen Grenzbereichen, z.B. auf empfindlichen Löss­böden, um etwa die Befahrung mit kleinen Forst­raupen an einen maximal zulässigen Kontaktflä­chendruck zu knüpfen. 

Dirk Knoche, Raul Köhler, Christian A. Lange und Torsten Rakel

 

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