HOLZmachen - Die Märchen von Reichweite und Hubkraft

Grundlagen der Geometrie von Forstkranen.

Die Verständlichkeit technischer Angaben ist fast nirgends so schwierig wie bei Forstkranen. Die Bezugspunkte und Leistungswerte sind mitun­ter so willkürlich gewählt oder schwammig angegeben, daß ein objek­tiver Vergleich verschiedener Modelle kaum möglich ist. HOLZmachen erklärt, worauf es bei Ladekranen für Rückewagen ankommt.

Reichweite, Hubkraft, Schwenk- und Hubmoment, Metertonnen ­ diese Leistungsangaben und Begriffe sind entscheidende Kriterien bei der Bewertung von Forstkranen. Hohe Leistungen sind aber nur mit einer ausge­feilten Krangeometrie möglich. Sie gewährleistet im Idealfall an allen Bauteilen gleiche Bela­stungen - und damit eine op­timale Kraftverteilung, mehr Reichweite und schnelle Ar­beitsgeschwindigkeiten.

Forstkrane besitzen grundsätz­lich eine sehr einfache Geomerie: Oberhalb der Kranabstützung befindet sich die Kransäule mit dem integrierten Schwenk­getriebe (Schwenkwerk), darauf an einem Gelenk der Hauptarm des Krans und daran an einem weiteren Gelenk ein Knickarm (Ausleger) mit dem Greifer. Beide Kranarme werden über Hydrau­likzylinder gesteuert, wobei der Hauptarm in der Regel der stär­kere ist. Die Hubkraft des Krans wird durch die Durchmesser und den Betriebsdruck der Hubzylin­der bestimmt. Ihre Kraft bleibt in jeder Position der Kranarme immer konstant. Nur das sogenannte Hubmoment verändert sich in Abhängigkeit von der Stellung der Kranarme zueinan­der, weil die Hubzylinder nicht in jeder Position den gleichen Wirkungsgrad erreichen. Das Hubmoment errechnet sich aus der Zylinderkraft multipliziert mit der Länge des Hebelarms; die Hebelkräfte wirken je nach Kranstellung unterschiedlich. Am größten ist das Hubmoment, wenn die Hubzylinder mit bei­den Kranarmen einen rechten Winkel bilden. Am kleinsten ist es, wenn beide Kranarme mit dem voll eingefahrenen Zylinder des Knickarms in einer Linie ste­hen, beispielsweise bei maxima­ler Auslage. Diese Position wird als Strecklage bezeichnet. 

Teleskop mit Eilgang
Die Reichweite des skizzierten Kranaufbaus läßt sich weiter er­höhen, beispielsweise mit ei­nem hydraulischen Ausschub (Teleskop) am Knickarm. Das Te­leskop besitzt einen Telezylinder, der jedoch das Problem des ge­ringsten Hubmoments bei maxi­maler Auslage im wahrsten Sin­ne des Wortes nur verlängert. Je länger das Teleskop ist, de­sto höher also die Reichweite wird, umso geringer ist das Net­to-Hubmoment bei voller Aus­lage. Diese Aussage trifft besonders auf Forstkrane zu, die aufgrund ihrer Mobilität beson­ders leicht gebaut werden müs­sen. Als Durchschnittswert hebt ein Kran mit sieben Meter Ausla­ge rund 480 Dekanewton (daN), das entspricht 480 Kilogramm. Die in den technischen Daten eines Krans genannte Angabe zur Hubkraft bei maximaler Reichwei­te wird deshalb der tatsächlichen Leistungsfähigkeit nicht wirklich gerecht. Denn entscheidend ist nicht, wieviel der Kran auf weite Entfernung heben kann, son­dern wie viel Gewicht er tatsäch­lich über die Rungen nah am Rückewagen heben kann. 
Ein Teleskop zur Verlängerung der Reichweite dient vorrangig dazu, die Last am Boden näher an den Rückewagen heranzu­ziehen und erst danach anzu­heben. Ein starkes Teleskop mit einer hohen Zuzugskraft kann deshalb bei weiter Auslage schwächere Kranarme sehr hilf­reich ausgleichen. 

Der in diesem Bericht abgebil­dete Pfanzelt-Forstkran LK 4272 mit einem innenliegenden Tele­skopzylinder besitzt ein Eilgang­ventil. Die ganze Zuzugskraft von 24,7 Kilonewton steht dem Teleskop nur beim Einschub zur Verfügung. Beim Ausfahren er­reicht es dagegen weniger Kraft, aber durch einen nahezu dop­pelten Ölmengenfluß etwa die 1,5fache Geschwindigkeit. Da­durch sind schnellere Arbeits­abläufe bei größerer Reichwei­te möglich. 

Hubmomente in Metertonnen
Als vergleichbare Werte für Hub­momente dienen Angaben in so­genannten Metertonnen. Sie be­sagen, bei wieviel Metern der Kran in Strecklage eine Tonne he­ben kann. Die Einheit dafür sind Kilonewtonmeter (kNm) als Grö­ße für mechanische Dreh- und Hubmomente. Ein Hubmoment von 40,5 kNm besagt beispiels­weise, daß ein Vier-Meterton­nen-Kran in Vollauslage in 4,05 Meter Entfernung eine Tonne heben kann, und umkehrt vier Tonnen in einem Meter Entfer­nung. Die Angabe bezogen auf einen Meter ist aber nur ein theo­retischer Wert, der in der Praxis durch die Krangeometrie nicht erreicht werden kann. 
Die Hubmomente werden von den Herstellern unterschiedlich bezeichnet: als Brutto-oder Net­to-Hubmoment, Lastmoment oder als vergleichbare Anga­ben am Meßpunkt bei vier Me­ter Auslage. Die Angaben gelten meistens ohne Greifer und Ro­tator, weil diese Komponenten vom Kunden oft selbst ausge­wählt werden und der Hersteller darauf somit keinen Einfluß hat. Wichtiger ist, daß der Hersteller den Nettowert nennt, der bereits das Eigengewicht des Krans be­rücksichtigt. Brut toangaben sind für den Kunden wenig aus­sagekräftig und beim Kauf eines Krans irreführend. Ein Brutto­wert von 45 kNm kann als tat­sächliches Netto-Hubmoment nur 30 kNm betragen. 

 

Intelligente Gelenke
Für Krane gilt: Je mehr Ausschübe und Gelenke, umso schwerer wird der Kran und umso mehr verrin­gern sich die Hubmomente. Eine Ausnahme bildet das sogenannte Kniehebelsystem. Kniehebel statt eines einfachen Gelenks zwischen Haupt- und Knickarm bieten vie­le Vorteile für die Krangeometrie, denn sie gleichen Hubmoment­verluste bei der Kraftübertragung aus. Der wesentliche Vorteil ist, daß der Hubzylinder nicht direkt an dem Ausleger befestigt ist, sondern die Zylinderkräfte über zwei Kniegelenke auf den Ausle­ger umgelenkt werden. Dadurch bleibt die Zylinderstellung zwi­schen den Kranarmen stets na­hezu konstant im rechten Winkel, so daß unabhängig vom tatsäch­lichen Stellungswinkel der Arme ein hohes Hubmoment erreicht wird. Endlagen des Krans, in denen das sogenannte Drehmo­ment stark abfällt, werden da­durch vermieden beziehungswei­se so ausgeformt, daß ein höheres Drehmoment zur Verfügung steht als ohne Kniehebel. In diesem Fall lassen sich die Kranarme fast völlig aneinanderklappen.

 

Das Schwenkmoment
Während die Kranarme Lasten heben und senken können, sorgt das Schwenkgetriebe für seit­liche Bewegung. Die Leistung des Schwenkwerks, das soge­nannte Moment, wird ebenfalls in Kilonewtonmeter angegeben und als Dreh- oder Schwenkmo­ment bezeichnet. Die Hub- und Schwenkmomente eines Krans müssen aufeinander abge­stimmt sein, damit der Kran im praktischen Einsatz zusammenpaßt. Sonst lassen sich entwe­der schwere Lasten heben aber nicht schwenken oder umge­kehrt. Doch diese Abstimmung funktioniert oft nur in ebenem Gelände. In Hanglagen benö­tigt ein Schwenkwerk erheblich mehr Kraft, um tiefer liegende Lasten gegen den Hang auf den Rückewagen zu schwenken. Bei einer Kranlänge von sieben Me­tern und einem Kran der Vier­Metertonnen-Klasse sollte das Schwenkmoment im optimalen Fall etwa 15 kNm betragen. 

 

Das Märchen der Reichweite
Die Reichweite zählt zu den Ba­sisdaten eines Krans. Sie wird von der Mitte der Kransäule bis zur Mitte des Greifers gemessen. Manche Hersteller schummeln aber bei der Reichweite, indem sie den parallel zum Kran gestell­ten Greifer mit einrechnen. Bei ei­ner Öffnungsweite von 1,20 Meter verlängert sich die Reichweite so­mit um satte 60 Zentimeter. Mit der Greiferspitze läßt sich Holz zwar näher heranziehen, aber die tatsächliche Reichweite erhöht sich dadurch nicht. Ähnliches gilt für die Art der Abstützung: Sie wird als A- oder H-Säule mit aus­fahrbaren, innenliegenden Zylin­dern oder als Flap-Down-System mit ausklappbaren Stützen ange­boten. Flap-Down-Stützen besit­zen jedoch offenliegende Zylin­der und ragen relativ weit vom Rückewagen ab. Der Abstand zu einem Holzpolter oder schlecht befestigten Weg muß deshalb mitunter über einen Meter be­tragen - und dieser verschenkte Meter fehlt dem Kran letztlich an Reichweite. Auch bieten Flap-­Down-Stützen in Hanglagen nicht immer optimale Stabilität. 
Die Teleskopstützen der A-Säule ragen dagegen, je nach Modell, nur etwa 50 Zentimeter hinaus, so daß der Kran platzsparend und mit hoher Standsicherheit nah am Polter positioniert werden kann. Das erhöht die nutzbare Reich­weite. Statt der Reichweite sind Herstellerangaben der Kranlän­ge deshalb ehrlicher, weil sich die Reichweite je nach Gelände ver­ändert. 
Die Quadratur des Kreises be­schreibt das unlösbare mathe­matische Problem, aus einem Kreis in endlich vielen Schrit­ten ein Quadrat mit demselben Flächeninhalt zu konstruieren. Übertragen auf die Krangeome­trie bedeutet das: Der optimale Forstkran wurde noch nicht ge­baut. Weitere Innovationen sind zu erwarten.

Max Riemann

 

Weitere Informationen, die komplette technische Beschreibung und alle technischen Daten zu den Pfanzelt Kranen finden Sie hier.

 

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